zum Inhalt springen
KARL

Kommunale Abwasserrichtlinie

Worum geht es?

Die Richtlinie (EU) 2024/3019 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 betrifft die Behandlung von kommunalem Abwasser und ersetzt die vorherige Richtlinie 91/271/EWG. Sie zielt darauf ab, die Umwelt und die öffentliche Gesundheit vor den negativen Auswirkungen unzureichend behandelter kommunaler Abwässer zu schützen. Die Richtlinie legt Anforderungen für die Sammlung, Behandlung und Einleitung von kommunalem Abwasser fest und definiert dabei zentrale Begriffe wie "kommunales Abwasser", "Siedlungsgebiet" und "Behandlung" präzise, um eine einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Sie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, am 01.01.2025, in Kraft. Die Artikel 12 und 13 sowie die Anhänge II und IV gelten ab dem 1. August 2027.

Wie wird es umgesetzt?

Die Umsetzung der Richtlinie umfasst mehrere wesentliche Maßnahmen, von denen einige relevante im Folgenden aufgelistet sind:

  • Kanalisationen und Berechnung der Fracht eines Siedlungsgebiets (Artikel 3): Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, sicherzustellen, dass zunächst alle Siedlungsgebiete mit einer Einwohnerzahl (EW) > 2.000 mit einer angemessenen Kanalisation ausgestattet und die Anfallstellen von häuslichem Wasser an diese angeschlossen sind. Siedlungsgebiete mit einer EW zwischen 1.000 und 2.000 sollen dies ebenfalls bis zum 31. Dezember 2023 erfüllen. Dabei muss die spezifische Abwasserfracht jedes Gebiets berechnet werden, um die erforderlichen Kapazitäten für Sammlung und Behandlung festzulegen.

  • Integrierte Pläne für die kommunale Abwasserbewirtschaftung (Artikel 5): Es sollen bis zum 31. Dezember 2033 für Kanalisationsbetriebe von Siedlungsgebieten mit einer EW ab 100.000 umfassende Pläne entwickelt werden, die die Sammlung, Behandlung und Entsorgung von Abwasser koordinieren. Diese Pläne müssen auch Strategien zur Bewältigung von Starkregenereignissen und zur Anpassung an den Klimawandel enthalten. Weiterführend sollen die Mitgliedstaaten Siedlungsgebiete mit einer EW zwischen 10.000 und 100.000 auflisten, die aufgrund von historischen Fakten und Modellierungen unter anderem ein Risiko für Mischwasserüberläufe aufzeigen.

  • Zweitbehandlung (Artikel 6): Die Richtlinie legt fest, dass kommunales Abwasser von Siedlungsgebieten mit einer EW > 2.000 einer Zweitbehandlung unterzogen werden muss, um organische Schadstoffe und Nährstoffe zu reduzieren. Dies soll sicherstellen, dass die Einleitungen in Gewässer die festgelegten Qualitätsstandards erfüllen. Weitere Regelungen wie beispielsweise zur Einleitung von Abwasser in Küstengewässern oder weniger empfindliche Gebiete sind gesondert mit unterschiedlichen Umsetzungsfristen aufgeführt .

  • Drittbehandlung (Artikel 7): In sensiblen Gebieten ist ab einer Wasserfracht von einer EW > 150.000 eine weitergehende Behandlung erforderlich, um insbesondere Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor zu entfernen. Dies gilt für die Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2033 für Einleitungen aus 30 %, bis zum 31. Dezember 2036 für Einleitungen aus 70 % und bis zum 31. Dezember 2039 für alle Einleitungen der kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen sicherzustellen. Zudem sollen für die Drittbehandlung geltende Anforderungen auch für Anlagen von Siedlungsgebieten mit einer EW > 10.000 zu angegebenen Zeitpunkten schrittweise erfüllt werden.

  • Viertbehandlung (Artikel 8): Die Richtlinie führt die Verpflichtung zur sogenannten Viertbehandlung ein, um Mikroverunreinigungen wie Arzneimittelrückstände und Mikroplastik aus dem Abwasser zu entfernen. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Belastung der Gewässer mit schwer abbaubaren Schadstoffen zu minimieren und gilt für die Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2033 für Einleitungen aus 20 %, bis zum 31. Dezember 2039 für Einleitungen aus 60 % und bis zum 31. Dezember 2045 für alle Einleitungen der kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen sicherzustellen. Auch für die Viertbehandlung sollen geltende Anforderungen für Anlagen von Siedlungsgebieten mit einer EW > 10.000 zu angegebenen Zeitpunkten schrittweise erfüllt werden.

  • Erweiterte Herstellerverantwortung (Artikel 9): Hersteller von Produkten, die zur Verschmutzung des Abwassers beitragen, werden in die Pflicht genommen. Sie müssen finanzielle Beiträge leisten, um mindestens 80 % der Gesamtkosten für die Entfernung dieser Schadstoffe und Betriebskosten für die Viertbehandlung in den Kläranlagen zu decken. Ebenso stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass die Hersteller den Organisationen für Herstellerverantwortung einmal jährlich Informationen über die Menge oder Gefährlichkeit der in Verkehr gebrachten Stoffe übermitteln. Dies soll auch Anreize für die Entwicklung umweltfreundlicherer Produkte schaffen, da unter bestimmten Voraussetzungen und Nachweisen auch Ausnahmen gewährt werden können.

  • Überwachung von kommunalem Abwasser (Artikel 17): Es werden nationale Überwachungssysteme eingeführt, um die Qualität des behandelten Abwassers zu kontrollieren und sicherzustellen, dass die festgelegten Grenzwerte eingehalten werden. Dies dient ebenfalls zur Feststellung, ob eine gesundheitliche Notlage vorliegt (z.B. SARS-CoV-2, Influenza, ...). Außerdem soll dadurch die Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Behörden für die öffentliche Gesundheit und Behörden für die Behandlung von kommunalem Abwasser ermöglicht werden.

  • Überwachung (Artikel 21): Die Mitgliedstaaten müssen Systeme zur Überwachung der Einhaltung der Richtlinie einrichten und regelmäßige Berichte (z.B. zu Menge sowie Zusammensetzung und Verwendung des Klärschlamms, Ausstoß von Treibhausgasen, ...) durch die zuständigen Behörden an die Europäische Kommission übermitteln. Das Vorhandensein von Schadstoffen wie Mikroplastik oder PFAS soll bei allen Siedlungsgebieten mit einer EW > 10.000 auf Basis von regelmäßigen Probenahmen überwacht werden.

  • Nationales Durchführungsprogramm (Artikel 23): Jeder Mitgliedstaat ist verpflichtet, bis zum 01. Januar 2028 ein nationales Programm zur Umsetzung der Richtlinie zu erstellen, das spezifische Maßnahmen, Planung bzw. Schätzung der Investitionen und Zeitpläne enthält.

  • Aufhebung und Übergangsbestimmungen (Artikel 32): Die vorherige Richtlinie 91/271/EWG wird aufgehoben. Es werden Übergangsfristen festgelegt, um den Mitgliedstaaten die Anpassung an die neuen Anforderungen zu ermöglichen.

  • Umsetzung (Artikel 33): Die Mitgliedstaaten müssen die erforderlichen Gesetze und Vorschriften erlassen, um die Richtlinie bis zum 31. Juli 2027 in nationales Recht umzusetzen.

Disclaimer: Der Wegweiser Regulatorik Gesundheitswirtschaft BW stellt eine Übersicht von Informationen bezüglich regulatorischer Fragestellungen in der Gesundheitswirtschaft dar. Die im Wegweiser Regulatorik Gesundheitswirtschaft BW zur Verfügung gestellten Inhalte wurden sorgfältig recherchiert, dennoch erhebt die BIOPRO Baden-Württemberg GmbH keinen Anspruch auf Vollständigkeit. So stellt dieser Steckbrief keine Rechtsberatung dar und verfolgt ausschließlich den Zweck, im Überblick über die Inhalte des Gesetzes zu informieren. Die BIOPRO Baden-Württemberg GmbH übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der wiedergegebenen Informationen sowie für deren Rechtsverbindlichkeit. Der Wegweiser Regulatorik Gesundheitswirtschaft BW enthält sowohl Inhalte, die von Dritten zur Verfügung gestellt wurden, als auch Links zu externen Webseiten, auf deren Inhalte die BIOPRO Baden-Württemberg GmbH keinen Einfluss hat. Für diese Inhalte ist stets der jeweilige Anbieter bzw. der Betreiber der Seite verantwortlich. Zum Datenschutz verweist die BIOPRO Baden-Württemberg auf die Datenschutzerklärung.

Hinweis: Die BIOPRO Baden-Württemberg GmbH ist stets bemüht ihre bereitgestellten Dokumente so barrierearm wie möglich zu gestalten. Sollten Sie dennoch Schwierigkeiten haben, dann wenden Sie sich gerne an uns.

Seiten-Adresse: https://regulatorik-gesundheitswirtschaft.bio-pro.de/regulatorik-lotse/kommunale-abwasserrichtlinie