Zwischenbilanz: GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wirkt sich negativ auf die Arzneimittelversorgung aus
„Das Kernproblem: Die neuen Zwangsabschläge des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) summieren sich auf, ohne dass die Politik die wirtschaftlichen Konsequenzen bedenkt. Kumulationseffekte der Einsparmaßnahmen wurden nicht geprüft. Das ganze Vorhaben, insbesondere der Kombinationsabschlag, ist ein Bürokratiemonster“, sagt Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) wurde beschlossen, dass das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Auswirkungen der Gesetzesmaßnahmen überprüft und dem Bundestag einen Bericht vorlegt. Der BPI hat sich heute mit einer Stellungnahme an der Bewertung beteiligt.
GKV-FinStG wirkt industrie- und standortfeindlich
Kritisch bewertet der BPI die negativen Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit mit innovativen Arzneimitteln – insbesondere für Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen. „Das Absenken der Umsatzschwelle bei Arzneimitteln zur Behandlung Seltener Leiden (Orphan Drugs) könnte die Verfügbarkeit der Therapien weiter gefährden. Patientinnen und Patienten würden dadurch deutlich schlechter versorgt“, sagt Joachimsen.
„Zudem basieren die mit dem GKV-FinStG beschlossenen AMNOG-Änderungen leider nicht mehr auf dem Grundverständnis eines fairen Interessensausgleichs zwischen dem GKV-Spitzenverband und den pharmazeutischen Unternehmen. Vielmehr hat es sich zu einem GKV-dominierten ‚Preissetzungsverfahren‘ gewandelt. Hinzu kommt, dass pharmazeutische Unternehmen angesichts extrem hoher Energiekosten, Erzeugerpreise und fragiler Lieferketten bereits am Limit sind. Solange das Bundesgesundheitsministerium nicht anerkennt, dass es Obergrenzen der Belastungen gibt, werden Hersteller zunehmend in die Lage geraten, Produkte in Deutschland nicht mehr vermarkten zu können“, betont Joachimsen.
Der BPI geht davon aus, dass das GKV-FinStG die Verfügbarkeit von Bestandstherapien sowie innovativen Therapien beeinträchtigen wird. „In der Summe aller Maßnahmen steht das Gesetz im Widerspruch zu den Zielen der Bundesregierung. Eine ursprünglich im Koalitionsvertrag proklamierte Förderung des Forschungs- und Produktionsstandorts Deutschland/Europa vermissen wir. Insgesamt wirken die Maßnahmen eher industrie- und standortfeindlich, da sie zu erheblicher Planungsunsicherheit auf Seiten pharmazeutischer Unternehmen führen. Dies ist Gift für Investitionsentscheidungen“, sagt Joachimsen.
Langfristige Evaluation und Anpassung erforderlich
„Entscheidend wird sein, dass der Gesetzgeber die Effekte und Wechselwirkungen aller Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt erneut und umfassender überprüft. Unserer Auffassung nach erfolgt die jetzige Evaluation des GKV-FinStG viel zu früh“, ergänzt Joachimsen. Da sich allerdings schon heute andeutet, dass sich das GKV-FinStG negativ auf die Verfügbarkeit von innovativen Arzneimitteln in Deutschland auswirkt, fordert der BPI den Gesetzgeber auf, die Maßnahmen dringend anzupassen.
„Andernfalls bleibt das GKV-FinStG in seiner jetzigen Form ein Angriff auf den Innovationsstandort Deutschland, der gleichzeitig auch zumeist schwerkranke Patientinnen und Patienten trifft. Als Industrie erwarten wir daher politische Einsicht und Unterstützung – der einseitige Blick auf unsere Branche als Kostenfaktor muss ein Ende haben“, betont Joachimsen.