Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) versucht dies bereits umzusetzen und auch der aktuelle Entwurf der europäischen Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) greift das Thema auf. Im Mittelpunkt der heutigen (9. April) Veranstaltung der Reihe „global verantwortlich Baden-Württemberg“ im Haus der Wirtschaft standen die Erfahrungen und Herausforderungen von Unternehmen im Umgang mit den anspruchsvollen Zielen des Gesetzes.
Michael Kleiner, Ministerialdirektor im Wirtschaftsministerium und Gastgeber der Veranstaltung, sagte: „Es ist verständlich, dass die EU verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln stärken will. Dies darf jedoch nicht zu übermäßigen Belastungen für unsere Unternehmen in Baden-Württemberg führen. Insbesondere sollte die EU darauf achten, die Kontroll- und Berichtspflichten für nachgelagerte Lieferketten sowie die Haftungspflichten so zu gestalten, dass sie für unsere Unternehmen auch zu erfüllen sind. Es darf nicht zu rechtlichen Unsicherheiten führen.“
Viele baden-württembergische Unternehmen seien auf einem guten Weg und erachteten die Einhaltung von Sorgfaltspflichten und die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen in ihren globalen Lieferketten als richtig und wichtig, betonte der Ministerialdirektor. Es bleibe abzuwarten, welche Regelung auf europäischer Ebene letztlich in Kraft trete und welche Auswirkungen dies dann auf die Umsetzung in Deutschland im Hinblick auf das LkSG habe. Ziel sei es nach wie vor, eine einheitliche europäische Regelung zu finden, die ausreichend Rechtssicherheit biete, dabei jedoch unbürokratisch und für die Unternehmen auch leistbar sei, so Kleiner.
Gesellschaftliche Verantwortung
Mit der Praxisreihe „global verantwortlich Baden-Württemberg“ des Wirtschaftsministeriums wird das Ziel verfolgt, praxisnahes Handlungs- und Umsetzungswissen für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement insbesondere für die mittelständisch geprägte Wirtschaft des Landes zu vermitteln. „Wir haben von Anfang an auf die gesellschaftliche Verantwortung gesetzt, die unsere international agierenden Unternehmen für die Gesellschaft übernehmen. Mit unserer Initiative“, so der Ministerialdirektor, „wollen wir diese mit praktischem Handlungswissen gezielt unterstützen.“ Für die langjährige Unterstützung bei diesem Thema dankte Kleiner den Industrie- und Handelskammern und dem Verband Unternehmer Baden-Württemberg (UBW).
Es bleibe entscheidend, dass sich neben der Landesregierung auch die Unternehmen, Kammern und Verbände eines so exportorientierten Landes wie Baden-Württemberg mit ihren konkreten Erfahrungen weiterhin auf Bundes- und Europaebene für einen tragfähigen Regulierungsrahmen der CSDDD einsetzen, so der Ministerialdirektor. An die Europäische Union appellierte er, für mehr Kohärenz ihrer nachhaltigkeitsorientierten Regulierungsinitiativen zu sorgen. „Derzeit gibt es eine Reihe von Richtlinien, beispielsweise zu produktbezogenen Sorgfaltspflichten, zu kritischen Rohstoffen und Konfliktmineralien oder zum Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit, die noch nicht oder nicht optimal mit der geplanten europäischen Lieferkettenrichtlinie abgestimmt sind. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist es schwierig, sich in solchen Parallelstrukturen zurechtzufinden. Deshalb ist es wichtig, dass die Chance genutzt wird, ein für die Unternehmen handhabbares Regelwerk ohne nicht angemessene, zusätzliche bürokratische Belastungen zu schaffen“, so Kleiner.
Im Hinblick auf die internationale Verflechtung der Wirtschaft in Baden-Württemberg bekräftigte der Ministerialdirektor die Befürchtung, dass sich gerade mittelständische Unternehmen aufgrund der Unsicherheiten des Lieferkettengesetzes aus Entwicklungs- und Schwellenländern zurückziehen könnten. „Damit wäre wenig gewonnen“, so Kleiner. Diese Unternehmen seien mit ihrem gesellschaftlichen Engagement vor Ort unverzichtbar für ein global verantwortliches Wirtschaften. So manche gut gemeinte regulatorische Vorgabe der EU werde aus der Sicht dieser Staaten im Ausland als konkretes Handelshemmnis oder gar als Barriere für den Marktzugang empfunden. Kleiner schlägt daher vor, dass ein solcher Perspektivwechsel handlungsleitend für die Verhandlungen der EU über bi- und multilaterale Handelsabkommen sein sollte. Hätten Unternehmen in weit ausdifferenzierten Wertschöpfungsketten keinen hinreichenden Einblick und damit auch keine hinreichende konkrete Veränderungsmacht, müsse dies bei der Regulierung berücksichtigt werden.