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Der interaktive Workshop "Einsetzen oder ersetzen? – Kobaltlegierungen in der Medizintechnik" am 07. April 2022 bot nicht nur interessante Vorträge, sondern auch Raum für Fragen und Diskussionen.
Kobalt ist z.B. im dentalen Anwendungsbereich essentieller Bestandteil in einer Reihe von Medizinprodukten und findet vor allem in Kobalt-Chrom-Legierungen Anwendung. Darüber hinaus ist Kobalt in vielen in der Medizintechnik eingesetzten Edelstählen oder auch Werkstoffen wie Titan als Legierungsbestandteil oder Verunreinigung enthalten. Die neue Medizinprodukte-Verordnung (MDR) setzt strenge Richtlinien für die Verwendung von sogenannten CMR-Stoffen (carzinogene, mutagene und/oder reproduktionstoxische Substanzen) in medizinischen Produkten. Gemäß der CLP-Verordnung wird Kobalt als CMR-Stoff bewertet (konkret gilt für Kobalt die harmonisierte Einstufung als carzinogen Kat. 1B, mutagen Kat. 2, reproduktionstoxisch Kat. 1B) und darf laut MDR nur dann in einer Konzentration von mehr als 0,1 Masseprozent enthalten sein, „wenn für das Vorhandensein dieser Stoffe eine besondere Rechtfertigung vorliegt“ (MDR EU 2017/745 10.4.2). Wann dieser Fall vorliegt, welche Produktklassen und in welcher Art sie betroffen sind, ist für Hersteller oft schwer zu erkennen und war Thema unseres Workshops „Einsetzen oder ersetzen? – Kobaltlegierungen in der Medizintechnik“ am 7. April 2022.
Für den Einsatz von CMR-Stoffen wie Kobalt oberhalb der erlaubten Grenzkonzentration ist eine offizielle Rechtfertigung nötig. Diese kann durch eine Schätzung der potentiellen Exposition von Patienten und Anwendern anhand von Literaturdaten und experimenteller Messung der Freisetzungskinetik sowie einer Analyse möglicher alternativer Stoffe und einer Begründung über die entsprechende Ablehnung erfolgen. Als Argumentationsgrundlage kann hierbei das vom Verband der Deutschen Dental-Industrie (VDDI) entwickelte Statement zu Kobalt in Dentallegierungen verwendet werden. Das Vorhandensein dieser Stoffe ist auf dem Produkt oder auf der Umverpackung anzugeben.
„Kobalthaltige Werkstoffe werden auch weiterhin in der Medizintechnik nicht in jedem Fall zu ersetzen sein.“ (Dagmar Martin, NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut in Reutlingen)
Zur erstmaligen Erstellung einer CMR-Bewertung für ein bestimmtes Medizinprodukt ist eine strukturierte Vorgehensweise von Vorteil (siehe Schema). Dabei ist ein detaillierter Abgleich des Produktportfolios in Bezug auf Kobalt-Verwendung notwendig, wobei hier sowohl auf die eingesetzten Ausgangsmaterialien als auch auf das fertige Medizinprodukt geachtet werden muss. Im nächsten Schritt erfolgt die Erstellung einer Risk-Benefit-Analyse. Erscheint aus begründetem Anlass eine Produktänderung nicht sinnvoll, ist eine Anpassung der IFU und der verwendeten Labels nötig, sowie der Transfer der Daten in die EUDAMED.
Sollte der Hersteller in seiner CMR-Bewertung zu dem begründeten Entschluss kommen, dass die Verwendung von möglichen Substituten von Kobalt im Zusammenhang mit der Erhaltung der Funktionalität, der Leistung, und des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Produkts unangebracht sind, muss eine ausführliche Begründung in der technischen Dokumentation enthalten sein. Die Benannte Stelle kann dies daraufhin bei der Beurteilung berücksichtigen und je nach Einzelfall eine Zulassung von Produkten mit Kobaltkonzentrationen oberhalb von 0,1 Masseprozent erteilen.