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Pharmastrategie für Europa

Worum geht es?

Der Vorschlag einer EU-Pharmastrategie, der bereits am 25.11.2020 vom EU-Parlament akzeptiert wurde, basiert grundlegend auf den Zielen der Gewährleistung des Zugangs zu erschwinglichen Medikamenten, der Unterstützung von Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, der Verbesserung der Krisenvorsorge sowie der Gewährleistung eines hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards. Nun wurde am 26.04.2023 ein Entwurf zur Reformation des Arzneimittelrechts von der EU-Kommission vorgelegt, der folgende Verordnungen und Richtlinien ändern oder ersetzen soll:

  • Verordnung über Arzneimittel für neuartige Therapien (EG Nr. 1394/2007)
  • Verordnung über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln (EU Nr. 536/2014)
  • Verordnung zur Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln (EG Nr. 726/2004)
  • Verordnung für Arzneimittel für seltene Leiden (EG Nr. 141/2000)
  • Teile der Verordnung für Kinderarzneimittel (EG Nr. 1901/2006)
  • Richtlinie zum Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (2001/83/EG)
  • Richtlinie über die Stoffe, die Arzneimitteln zum Zwecke der Färbung hinzugefügt werden dürfen (2009/35/EG)

Wie wird es umgesetzt?

Im Allgemeinen möchte die EU mit nachfolgenden Maßnahmen eine Sicherung der Versorgung und Verfügbarkeit von Arzneimitteln gewährleisten und zudem den Zugang zu Arzneimitteln für Patient/-innen verbessern. Dabei sollen Medikamente umweltverträglicher, der europäische Markt aber zugleich attraktiv für innovative Forschung, Entwicklung und Produktion bleiben. Insgesamt wird eine Harmonisierung des Binnenmarktes in Bezug auf die Überwachung und Kontrolle von Arzneimitteln angestrebt.

Entwurf einer neuen Verordnung

Der Entwurf sieht Änderungen für die oben genannten Verordnungen Nr. 1394/2007 (EG) und Nr. 536/2014 (EU) vor und ersetzt zukünftig die Verordnungen Nr. 726/2004 (EG), Nr. 141/2000 (EG) und Teile von Nr. 1901/2006 (EG).

Regelung zum pädiatrischen Prüfungskonzept

Die Ausnahme zur Durchführung von Untersuchungen an Kindern mit einem Produkt, das eine Krankheit bei Erwachsenen behandelt, die bei Kindern nicht vorhanden ist, soll gemäß eines pädiatrischen Untersuchungsplans (PIP) genehmigt werden, wenn basierend auf dem molekularen Wirkmechanismus ein Molekül gegen eine andere Krankheit bei Kindern einsetzbar ist.

Plan zur Vermeidung von Lieferengpässen

Um die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln in der EU zu stärken, wird, basierend auf einem strukturierten Dialog zwischen mehreren relevanten Akteur/-innen, ein Rahmen für Aktivitäten festgelegt, die im Falle eines drohenden Medikamentenmangels von den EU-Mitgliedsstaaten durchzuführen sind. Die Pläne sollen das bereits eingeführte Krisenmanagement ergänzen und weiterentwickeln, sowie zur Vermeidung von Lieferengpässen allen Inhabern von Genehmigungen für das Inverkehrbringen zur Verfügung gestellt werden. Das Überwachungs- und Meldesystem basiert dabei auf einer Kooperation zwischen der Europäischen Arzneimittelagentur, den nationalen Behörden und weiteren relevanten Einrichtungen wie z.B. dem Großhandel und den Inhabern von Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln.

Belohnungsgutscheine zur Förderung von Antibiotikaforschung

Ein zusätzliches Jahr Datenschutz kann für antimikrobielle Mittel in Form von übertragbaren Exklusivitätsgutscheinen erworben werden. Diese können allerdings auch für andere beliebige Produkte im Portfolio des Entwicklers eingelöst oder verkauft werden. Maximal können innerhalb von 15 Jahren 10 Gutscheine gesammelt werden.

Anpassung der Marktexklusivität für Orphan Drugs

Zur Förderung des Arzneimittel-Bereichs "Orphan Drugs" werden einjährige Verlängerungen der Marktexklusivität angeboten, wenn bereits zugelassene Medikamente hinsichtlich neuer Indikationen weiterentwickelt werden. Darüber hinaus werden Arzneimittel für Krankheiten, für die noch keine Behandlung existiert, besonders berücksichtigt.

Entwurf einer neuen Richtlinie

Der Entwurf soll zukünftig die oben genannten Richtlinien 2001/83/EG und 2009/35/EG ersetzen.

Anpassung des Unterlagenschutzes

Der regulatorische Datenschutz soll im Rahmen variabler Anreize und Belohnung von Innovationen angepasst werden. Dabei wird vorgesehen den aktuellen Zeitraum von acht auf sechs Jahre zu verkürzen, allerdings mit variablen Optionen zur Verlängerung. Eine zusätzliche Marktexklusivität von zwei Jahren kann z.B. im Falle einer zentralen Zulassung in allen EU-Mitgliedsstaaten angehängt werden. Die Zulassung einer weiteren Indikation für den Wirkstoff (ein Jahr), das Füllen einer Versorgungslücke (sechs Monate) und die Durchführung vergleichender klinischer Prüfungen (sechs Monate) sind weitere Möglichkeiten, die Standarddauer des Unterlagenschutzes auszudehnen.

Vereinfachte Entwicklung von Generika und Biosimilars

Zur Stärkung des Generika- und Biosimilar-Marktes wird die Bolar-Ausnahme erweitert und EU-weit harmonisiert. Die Bolar-Ausnahme gestattet die Durchführung von klinischen Studien zur späteren Zulassung von Generika und Biosimilars noch während der Patenschutz- und Zusatzschutzzeit des Referenzarzneimittels. Auch das Zulassungsverfahren soll vereinfacht werden. Risikomanagementpläne sind im Grunde nicht mehr erforderlich und die Austauschbarkeit von Biosimilars mit Referenzarzneimitteln wird besser anerkannt. Allgemein wird hierbei ein erhöhter Wettbewerb durch einen früheren Markteintritt angestrebt.

Verkürzung des Zulassungsverfahrens

Unter Gewährleistung des gleichbleibenden Standards der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln, soll die Dauer des Genehmigungsverfahrens von 210 Tagen auf 180 verkürzt werden.

Verschärfung der Arzneimittelwerbung

Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit muss die Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel verboten werden, da sie lediglich von qualifizierten Personen bewertet werden kann. Die Abgabe von kostenlosen Proben ist in begrenztem Maße nur an qualifizierte Person gestattet, die das Arzneimittel auch verschreiben können. Homöopathische und pflanzliche Arzneimittel dürfen nur unter festgelegten Bedingungen beworben werden (z.B. Verwendung bestimmter Aussagen und Informationen). Arzneimittelwerbung, die gezielt andere Arzneimittel negativ bewertet oder die eigene Sicherheit und Wirksamkeit gegenüber einem anderen bekundet, sind, falls die Produktmerkmale nicht nachgewiesen und unterstützt wurden, verboten.

Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung

Um die potenziellen Risiken negativer Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren, sollen im Zulassungsprozess von Arzneimitteln die Anforderungen an die Umweltrisikobewertung (ERA) erhöht werden.

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