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BIOPRO-Spezial: Materialänderung von Medizinprodukten

Nachhaltigkeit in Medizinprodukten und die Herausforderung beim Materialwechsel

1. Executive Summary

Hersteller von Medizinprodukten sind zunehmend dazu verpflichtet, die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu bewerten und zu verbessern, um den wachsenden globalen Fokus auf Umweltschutz und Ressourcenschonung zu berücksichtigen.

Gleichzeitig tragen sie die Verantwortung, sicherzustellen, dass die auf den Markt gebrachten Produkte sicher und funktional sind. Diese Anforderungen können sich mitunter widersprechen. Dennoch ist es angesichts der steigenden Belastung durch Abfall und der begrenzten Ressourcen unseres Planeten unerlässlich, dass auch Medizinprodukte langfristig nachhaltiger werden.

Wenn solche Veränderungen beispielsweise in Form eines Materialwechsels erfolgen, spricht man von einem "Design Change". Dabei müssen alle Änderungen den regulatorischen Anforderungen entsprechen, wobei Hersteller zwischen wesentlichen und nicht-wesentlichen Änderungen unterscheiden sollten.

Zusätzlich zu den Anforderungen der MDR und IVDR müssen Hersteller auch weitere Gesetze wie das Kreislaufwirtschaftsgesetz und die REACH-Verordnung beachten.

Insbesondere Design Changes, die Materialänderungen zu recycelten oder biobasierten Materialien betreffen, gehen mit besonderen Anforderungen und Risiken einher, wobei stets die Sicherheit und Funktionalität von Medizinprodukten gewährleistet sein muss.

Design Changes betreffen regelmäßig nicht nur das "Design" der Produkte, sondern auch Prozesse wie die Produktion und die Post-Market Surveillance. Diese Änderungen betreffen sowohl Hersteller als auch weitere Akteurinnen und Akteure wie Lieferanten, Händlerinnen und Händler und Betreiber der Produkte.

Ein definierter Prozess hilft,

  • die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen,
  • die Risiken für Patientinnen und Patienten, anwendende Personen und Dritte zu beherrschen, die mit dem Materialwechsel einhergehen,
  • alle relevanten Interessensgruppen einzubinden und
  • unnötige Aufwände und regulatorische Risiken zu minimieren.

2. Um was geht es? Was ist das Problem?

Dieses Kapitel stellt die wichtigsten Treiber für Design Changes im Kontext der Nachhaltigkeit vor sowie die folgenden möglichen Komplikationen für die Hersteller:

  • mögliche Zielkonflikte zwischen Patientensicherheit und Nachhaltigkeit,
  • hohe zeitliche Aufwände,
  • mögliche Umsatzverluste.

3. Was sind Design-/Material-Changes?

Es gibt keine einheitliche Definition von „Design Change“. Es wird darunter jedoch jede Änderung der Auslegung von Produkten wie der Wechsel von Materialien verstanden. Die gesteigerte Anforderung an die Nachhaltigkeit der Produkte ist einer von mehreren möglichen Auslösern für einen Design Change.

4. Was fordert der Gesetzgeber? Der regulatorische Rahmen

Hersteller müssen medizinproduktespezifische regulatorische Vorgaben (z.B. EU: MDR, USA/FDA: 21 CFR 800 ff/FD&C) ebenso beachten wie unspezifische Vorgaben wie z.B. das Kreislaufwirtschaftsgesetz in Deutschland. Diese Vorgaben betreffen alle Lebenszyklusphasen von der Entwicklung bis zur Entsorgung.

5. Wann zählen Design-/Material-Changes als wesentlich?

Jeglicher geplante Design Change muss gemäß ISO 13485, Kapitel 7.3 innerhalb des QM-Systems bewertet werden. Ob ein Design Change jedoch wesentlich ist oder nicht, wirkt sich darauf aus,

  • ob und wie Benannte Stellen eingebunden werden müssen und
  • ob die Hersteller die Übergangsfristen der MDR bzw. IVDR nutzen können.

Mehrere regulatorische Dokumente helfen bei der Beurteilung, ob ein Design Change wesentlich ist.

6. Welche Prozesse sind betroffen?

Eine Materialänderung betrifft sehr viele Prozesse nicht nur bei Medizinprodukte-, sondern auch IVD-Herstellern. Einen Überblick, welche Prozesse betroffen sein können, bietet Kapitel 6.

7. Besonderheiten beim Einsatz nachhaltiger Materialien

Grundsätzlich sollten bei Materialänderungen im Zusammenhang mit der Steigerung der Nachhaltigkeit immer folgende Punkte angestrebt werden:

  • Mehrfachnutzungen (Aufbereitbarkeit),
  • zielgerichteteres Abfallmanagement (Sortierbarkeit),
  • kreislauffähige Materialien (trennbare und recyelbare Komponenten).

Bei der Umsetzung der gestiegenen Anforderung an die Nachhaltigkeit der Produkte spielt bei Materialänderungen der Einsatz nachhaltiger Materialien eine große Rolle. In diesem Kapitel wird im Speziellen der Einsatz von recycelten oder biobasierten Kunststoffen in Medizinprodukten diskutiert. Es wird geklärt, welche besonderen regulatorischen Anforderungen gelten, ob es besondere Risiken gibt und welche Maßnahmen zu berücksichtigen sind.

8. Wie sollte bei einem Design-/Material-Change vorgegangen werden?

Änderungen am Produkt, insbesondere Materialänderungen, müssen einem festgelegten Prozess folgen. Dieses Kapitel beschreibt typische Aktivitäten, die solch ein Prozess umfassen sollte.

9. Resümee und Schlussgedanke

Abschließend lässt sich festhalten, dass Hersteller von Medizinprodukten vor der Aufgabe stehen, die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu verbessern, während sie gleichzeitig deren Sicherheit und Funktionalität gewährleisten müssen. Dieser Balanceakt wird durch die zahlreichen regulatorischen Anforderungen erschwert. Bei einer Materialänderung können z.B. viele Prozesse betroffen sein und alle Stakeholder sollten frühzeitig einbezogen werden. Die Umsetzung muss sorgfältig geplant werden, da ein erheblicher Aufwand erforderlich ist und mit entsprechenden Kosten für die Hersteller einhergeht.

Seiten-Adresse: https://regulatorik-gesundheitswirtschaft.bio-pro.de/infothek/fachbeitraege/nachhaltigkeit-medizinprodukten-und-die-herausforderung-beim-materialwechsel